Vergleich GSR 750 mit Ducati M821 und yamaha MT-09

Tattoolady

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In der aktuellen MOTORRAD NEWS (Oktober) ist obiger Vergleichstest.



Ab 9.10.2014 dürfen wir den in Textversion auch hier veröffentlichen.

Kann alles, macht alles: Die GSR 750 kultiviert Allrounder-Tugenden.
 

Tattoolady

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Hier nun der Artikel aus der MOTORRAD NEWS als Textversion mit freundlicher Genehmigung des Syburger Verlages, bei diesem Verlag liegen auch die Copyrightrechte

Ducati Monster 821 – Suzuki GSR 750 – Yamaha MT-09

FRISCHLUFT-FANS

Ducatis Monster 821 mischt die sportliche Mittelklasse auf. In einem Segment, in dem der Spaß genau so wichtig ist wie ein knapp kalkulierter Kaufpreis. Ist das mit einem Euro-Bike zu schaffen?
von Wulf Weis, Fotos Jürgen Mainx


Drei Motorenkonzepte, drei Preislagen, ein Auftrag: Suzuki GSR 750, Yamaha MT-09 und Ducati Monster 821 sollen Spaß ins Massengeschäft bringen. So ein bisschen Streetfighter, eine große Prise Sportsgeist, aber auch voll alltagstauglich sollen sie sein. Und vor allem nicht langweilig!
Das ist fast das Wichtigste, was es über diese Motorräder zu sagen gibt. Da nimmt man gerne die eine oder andere Perfektionslücke in Kauf, wenn es denn die Laune hebt. Denn dieser Ansatz war früher den exotischen Hochpreisern vorbehalten, etwa von Benelli oder MV Agusta .
Das freundlichste Angebot macht der Suzuki-Händler, für nur 7490 Euro trennt er sich von der GSR 750. Dafür gibt es einen ausgereiften, leistungsstarken Vierzylinder, dessen Wurzeln noch in die Zeit reichen, als Superbikes mit 750 Kubik ausrückten. Das Styling der Suzi bemüht sich um Aggressivität. Doch flüsterleiser Auspuff und der seidenweich einsetzende Vierzylinder kommen dann fast zu geschmeidig rüber, um das Klischee des Roadwarriors zu bedienen.
Klar, die GSR kann auch böse. Doch dafür muss man dem Motor schon Zunder geben. Konkret lässt sich der Four freundlich summend niedertourig durch die Lande bewegen, doch zum Überholen sollten man besser zwei Gänge runtersteppen. Der ehemalige Supersport-Motor liebt hohe Drehzahlen, spontaner Antritt aus der Mitte ist weniger sein Ding. Dabei hat der 750er durchaus Drehmoment zu bieten, aber die Gasannahme wirkt bis zur 6000er Marke etwas verzögert.
Hier hakt jetzt die Yamaha MT-09 ein. Erst ein gutes Jahr alt, mit rund 100 Kubik mehr Volumen in den drei Zylindern. Und vor allem mit einem Motor, der genau für diesen Einsatzzweck konstruiert wurde. Bei dessen Entwicklung Druck und Spitzenleistung gleichberechtigt im Lastenheft standen.
So räumt der Nippon-Triple im Durchzugstest alle Pokale ab. Mittels Drive by Wire koppelt die MT den Gasgriff unmittelbar ans Hinterrad. Dabei vibriert der Drilling nur ein wenig, mit japanischer Zurückhaltung eben.
Das zeigt sich auch beim Auspuffsound, der es nicht schafft, die charakteristische Zündfolge des Dreizylinders in hörbare Emotionen zu verwandeln. Gut, die Nachbarn mag es freuen, wenn der Nachbar jeden Morgen um halb Fünf mit der MT-09 zur Arbeit aufbricht. Dafür kommt er immer mit richtig guter Laune auf Schicht an, denn der MT-Motor hat ihm bereits lustvoll die Arme lang gezogen.
Was er nicht weiß: Dieses Erlebnis lässt sich noch steigern. Im Sattel der Ducati Monster 821 wird noch größeres Kino geboten. Nicht von den Messwerten her, da lässt sich die Yamaha nicht die Butter vom Brot nehmen. Aber was Emotionen, Sound und Vibrationen angeht, kann die Diva aus Bologna ein absolut packendes Gesamtpaket schnüren.
Der 90-Grad-V-Twin blubbert charakterstark vor sich hin, der Auspuff farzt genussvoll bei jedem Schaltvorgang mit Zwischengas und die Schwingungen sind ebenfalls ein sinnliches Erlebnis. Das gefällt nicht jedem, aber wer darauf anspringt, ist akut suchtgefährdet.
Die Sitzposition auf der Yamaha bestimmt der halbhohe Lenker. Der Fahrer fühlt sich fast wie auf einer Supermoto – bei niedrigerer Sitzhöhe, versteht sich. Suzi und Duc platzieren die Lenkerenden tiefer, was sich sportlicher anfühlt und mehr Gefühl fürs Vorderrad vermittelt.
Abfahrt. Die Suzi will gedreht werden, um zügig von der Ampel wegzukommen. Ein Balanceakt zwischen Gas und Kupplung. Der bullige Yamaha-Triple gibt sich da weniger fordernd, doch das Leichtgewicht neigt zum Wheelen, was Beschleunigungsorgien auch zur Chefsache macht. Und ausgerechnet die Diva aus Italien bollert einfach und unkompliziert los, liegt dank 205 Kilo vollgetankt satter als die Yami.
Auf der Landstraße bleibt das Feld anfangs eng beieinander. Die Suzi verlangt einen flinken Schaltfuß und hohe Drehzahlen. Die Ducati mag Drehzahlen, braucht sie aber nicht. Da ähnelt sie der Yamaha, deren Motor ein ums andere Mal begeistert.
Größter Schwachpunkt der MT-09 ist sicherlich ihr unterdämpftes Fahrwerk, wobei das Heck je nach Frequenz der Bodenwellen zum Bocken neigt. Da helfen auch die reichlich vorhandenen Einstellmöglichkeiten nicht weiter, es fehlt einfach an Dämpfung. Genau anders herum zäumt Ducati das Monster auf: Kaum Einstellmöglichkeiten, aber eine sportlich-satte Grundabstimmung, die für flotte Solo-Fahrt genau so gut passt wie für etwas verhalteneren Sozius-Betrieb. Nur für die Komfort-Einstellung mit 60-Kilo-Fahrer hält die Duc kein passendes Setup bereit.
Das Suzuki-Fahrwerk glänzt durch Unauffälligkeit. Was an sich ja schon ein Lob ist. Der Duo-Betrieb leidet allerdings unter der supersportlich zweigeteilten Sitzbank der GSR, ist aber immer noch deutlich besser entwickelt als auf der zierlichen MT-09. Hier trifft der Hintersasse wirklich nur einen Notsitz an.
Wirklich nett hat es nur der Beifahrer auf der Ducati. Und wie erfahrene Motorradhändler wissen: Viele Kaufentscheidungen werden aus der zweiten Reihe getroffen.
Was braucht ein Sportler außer Motor und Fahrwerk? Richtig, gute Bremsen! Hier zeigt die Suzuki ihr größtes Defizit: Die Schwimmsättel vorne sind mit stumpfen Belägen gestraft, was unterm Strich nach großen Handkräften am Hebel verlangt. Das ABS der Suzuki arbeitet durchschnittlich, mehr kann man in dieser Preislage auch nicht erwarten.
Die Yamaha setzt auf die bewährten Monoblöcke von Zulieferer Advics, der auch das ABS auf dem Niveau der GSR 750 beisteuert. Ducati setzt hier ein Klasse höher an und kombiniert rennsportliche Brembo-Monoblöcke mit dem aktuell führenden 9MP-ABS von Bosch, in mehreren Level einstellbar. Dazu gibt es bissfeste Stahlflexleitungen, die Ducati-Bremse würde auch auf der Rennstrecke eine gute Figur machen.
Bei der NEWS ABS-Messung kann die Ducati dann auch mit Abstand den Sieg einfahren. Und wer noch mehr Sicherheit sucht: Die Monster 821 verfügt als einzige über eine Traktionskontrolle.
Kommen wir zu den Kernfragen dieses Vergleichs. Zunächst: Welcher Streetfighter macht den meisten Spaß? Die brave und unauffällige Suzuki eher nicht. Ihr Mangel an Superlativen stört im Alltagsbetrieb kein bisschen und erleichtert ruhigeren Temperamenten einen Tag im Cruising-Modus. Aber für überschäumende Emotionen sorgt sie eben auch nicht.
Ein vielversprechender Kandidat ist dagegen die MT-09. Leicht, wendig und bärenstark zelebriert sie großes Kino auf kleinen Straßen. Ein feiner Spaßmacher. Bis die Ducati Monster 821 die Bühne betritt. Klasse Sound, bollernder Motor und ein Fahrwerk, das erst sehr spät Grenzen aufzeigt, sorgen für maximalen Erlebniswert. Und bei aller Subjektivität, die einer solchen Umfrage anhaftet: Vier von fünf NEWSlern bestätigen, dass in diesem Vergleich die Duc die größten Gefühle weckt.
Bleibt die zweite Frage: Wer bietet am meisten fürs Geld? Das könnte wirklich die Suzuki GSR 750 sein. Wer den Euro zweimal umdrehen muss, bekommt hier eine vielseitiges und flinkes Motorrad mit nur wenigen Schwächen.
Die Yamaha MT-09 kann ihren Aufpreis zur Suzi mit motorischer Potenz und besseren Bremsen absolut rechtfertigen. Aber gerade weil die MT-09 so viel Freude bereitet, fällt es schwer, sie serienmäßig zu belassen. Wer das volle Potenzial der Yamaha freisetzt und einen klangvollen Auspuff, Gabelumbau, Federbein und Stahlflex nachrüstet, kommt irgendwann auf das Preisniveau der Ducati Monster 821. Die solche Nachbesserungen nicht nötig hat. Und mit besserem ABS, Traktionskontrolle, Antihopping-Kupplung und brauchbarem Soziusplatz protzen kann.


Kasten:
Neues Mapping für Yamaha MT09
Wer nicht länger mit der harschen Gasannahme seiner 2014er Yamaha MT-09 leben möchte, kann beim Vertragshändler das neue Mapping der 2015er Modelle aufspielen lassen. Laut Yamaha soll sich die Software nur in den ersten beiden Gängen unterscheiden. Unsere bereits aktualisierte Testmaschine zeigte sich aber in allen Gängen völlig verwandelt, ließ sich im STD-Modus in rundem Bögen durch Serpentinen zirkeln. Ein deutlicher Unterschied zu den drei bisher gefahrenen Testmaschinen. Ob das am neuen Mapping oder an anderen Verbesserungen unserer Testmaschine liegt, können wir leider nicht sagen. Wer mag, kann uns gerne seine Erfahrungen mit der neuen Software mailen: weis@syburger.de


Kurzcheck:
Die gute Nachricht zuerst: Alle drei Maschinen bieten ein überzeugendes Preis-Leistungs-Verhältnis. Das die enorm günstige Suzuki GSR 750 dann nicht als Sieger durchs Ziel geht, darf beim Gebotenen der Mitbewerber nicht wundern. Spannender ist da die Erkenntnis, dass Ducatis gut ausgestattete Monster 821 unterm Strich enorm viel bietet fürs Geld. Trotz Fertigung in Euroland und sehr hoher Komponentenqualität. Yamahas MT-09 ist natürlich auch jeden Cent wert. Doch bietet sie im Serientrimm noch einige Optimierungsoptionen.
 
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